24. SONNTAG IM JAHRESKREIS

 

Evangelium nach Lukas (15,1-10)

„Es kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus“: Warum hatte Jesus so eine Anziehungskraft, dass sogar Zöllner und Sünder, also Menschen, die am Rande oder sogar außerhalb der damaligen „religiösen“ Welt standen und lebten zu Jesus hingingen, um ihn zu hören? Hatten sie das Gefühl, dass er ihnen etwas zu sagen hatte, etwas, was für ihr Leben wichtig war? Klang seine Botschaft für sie glaubwürdig? Wovon fühlten sie sich so angesprochen und berührt?

Ist das heute auch noch so, dass Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, mit der Religion nicht viel am Hut haben, in der Augen der Kirche „Sünder“ sind, auf Jesus zugehen, auf ihn hören wollen, sich für ihn interessieren? Hier und dort, vereinzelt, scheint es vor zu kommen, dass solche Menschen sich irgendwie für Jesus interessieren. Aber in diesem Evangeliumsabschnitt heißt es: „In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören.“ Ist das eine „dichterische“ Übertreibung des Evangelisten, womit er nur sagen will: Es gab einen großen Andrang von Seiten solcher Menschen?

Ich glaube, von einem „großen Andrang“ kann man in unserer Zeit nicht reden. Eher von Interesselosigkeit, Gleichgültigkeit Jesus gegenüber. Wird er, wird seine Botschaft in unserer Gesellschaft noch gehört? In einem Gebet aus dem 14. Jh heißt es: „Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.“ Jesus kann also heute nur gehört werden, wenn wir von ihm erzählen, ihm unsere Stimme borgen. Tun wir das? Und wie tun wir das? Sind wir selbst noch beeindruckt und fasziniert von dem, was Jesus uns zu sagen hat?

Und was hat Jesus uns zu sagen? Er redet von Gott und von der Art und Weise wie Gott zu uns steht. Er tut das nicht auf eine trockene, abstrakte Weise, sondern wie fast immer mit einem Bild, das oft mehr sagt als tausend Worte. Ein Bild aus dem Leben eines Hirten, für den jedes einzelne Schaf seiner Herde wertvoll ist. Und wenn ein Schaf sich verirrt hat, macht er sich auf die Suche. Er lässt die 99 anderen zurück, er verlässt sie - natürlich nicht in diesem Sinne, dass er sie im Stich lässt, sie ihrem Schicksal überlässt, unversorgt und unbeaufsichtigt. Er macht sich auf den Weg, um das eine Schaf zu suchen und wenn er es findet, freut er sich unheimlich und bringt es in die sichere Herde zurück. Wie heißt es so schön in der sogenanten „Paradieserzählung“ am Anfang der Bibel: „Gott, der HERR, rief nach dem Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du?“(Gen 3,9).

Die Botschaft von Jesus: So ist Gott. Er möchte nicht dass auch nur einer oder eine von uns verloren geht. Jeder und jede Einzelne ist ihm wichtig. Das ist die Einstellung Gottes uns gegenüber.

Ist das nicht eine faszinierende, äußerst erfreuliche Botschaft für uns? Wir sind Gott unheimlich wertvoll. Auch wenn wir uns im Leben verirren, uns von ihm distanzieren, indem wir auf ihn vergessen und unsere eigenen Wege gehen. Er gibt uns nicht auf. Ist das nicht eine erfreuliche, erlösende, befreiende Nachricht für uns. Richtet uns das nicht auf, ist das nicht eine Lebenshilfe, eine Stütze in unserem Leben? Zu diesem Gott kann ich Vertrauen haben. An diesen Gott von Jesus kann ich glauben mit Zuversicht. Ich bin in den Augen Gottes wertvoll. Er will nicht, dass ich verloren gehe.

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